Nachdem der Schneefall gestern Abend bald wieder aufgehört und es aufgeklart hat, haben wir uns von der Hütte aus den Gletscher angeschaut und festgestellt – Spalten sind ausreichend vorhanden, da wird uns heute nicht fad. Wir beschließen daher auch einen frühen Start, um den Nachtfrost zu nutzen.
So starten wir nach einem kleinen Frühstück und dem Zusammenräumen der Hütte um 05:38 unseren Gipfeltag und dieser beginnt mühsam. Der Schnee ist gestern nicht gänzlich geschmolzen und so erwartet uns als Morgensport ein Tanz über teilweise vereistes Blockwerk. Zuerst rund 50 hm hinunter, dann später hinauf auf ca. 3000 m Seehöhe, wo wir nach knapp 1,5 h den Anseilplatz am Schlatenkees erreichen.
Wir machen eine kurze Pause, legen die Gletscherausrüstung an und betreten eine halbe Stunde später um 7:40 den Gletscher. Entlang von Längsspalten geht es den ersten Aufschwung empor, dann etwas flacher immer in Richtung des Hohen Aderls. Es liegen hier rund 10 cm Neuschnee, welcher den Gletscher im Licht der aufgehenden Sonne erstrahlen lässt, aber auch mögliche Wegspuren gut versteckt. Wir sind heute auch die Einzigen, die den Großvenediger von dieser Seite aus erklimmen.
Im nächsten Spaltenfeld meinen wir eine Spur zu finden und folgen dieser auch, doch rasch werden die Spalten breiter und wir müssen umkehren. Schnell finden wir einen Weg heraus und können diese Zone rasch durchsteigen. Weiter geht es hinauf, hier scheinen auch weniger Spalten zu sein. Doch kurz nach 9 auf knapp 3.300 m Seehöhe bricht Sepp als unser Seilführer in eine nicht sichtbare Spalte ein – doch noch bevor das Seil spannt, fängt sein Rucksack den Sturz auf und Sepp kann alleine wieder rausklettern.
Wir steigen höher und der Blick weitet sich. Der Gipfelaufbau wird sichtbar, ebenso die Venedigerscharte (zumindest die Richtung) und auch einige (später viele) Seilschaften, die am Weg von der Kürsingerhütte hinauf auf den Gipfel sind. Wir drehen nun in Richtung Scharte, zuerst gilt es aber abermals bis auf eine Höhe von 3350 m ein größeres Spaltenfeld zu überwinden, was aber nur ein paar kurze Umwege bedarf. Nun geht es geradeaus weiter, wir spüren neben der Höhe auch die letzten Tage in den Beinen und kommen nur recht langsam voran.
Das Wetter hat sich eingetrübt, doch umso näher wir dem Gipfelaufbau kommen, desto besser wird es – ein gutes Zeichen. Um 10 Uhr, also nach rund vier Stunden Wegzeit erreichen wir die „Autobahn“, also den schon stark ausgetretenen Weg von der Kürsingerhütte herauf.
Wir machen eine letzte Pause und es geht – wieder steiler – hinauf. Zwei größere Spalten sind zu queren und bald erreichen wir die letzte Hürde, den Grat zum Gipfel. Dieser ist gut ausgetreten und einfach geht es am kurzen Seil hinüber. Um 11 Uhr erreichen wir dann nach 5,5 Stunden Aufstiegszeit den Gipfel der Weltalten Majestät – Österreichs 5.höchsten Berg und der höchste Berg Salzburgs.
Im Ausblick erkennen wir, dass wir privilegiert sind – denn die Hohen Tauern hüllen sich allesamt in Wolken, nur hier ist ein Sonnenfenster. Nach ausgiebiger Pause auf dem angenehm großen Gipfelplateau starten wir um 11:30 mit dem Abstieg.
Der Schnee ist schon deutlich weicher, doch im Abstieg stört das nicht so sehr und wir kommen gut voran. Doch bald ist Pause – vor einer Leiter über eine große Spalte unter der Scharte müssen wir ein paar Seilschaften abwarten, bis wir ebenfalls übersetzen können. Danach geht es den Gletscher hinunter, einige größere Spalten mit recht spannenden Eisbrücken sind dabei zu queren – ob die noch lange halten?
Ganz am Ende durchqueren wir am ausgeaperten Gletscher noch ein Spaltenlabyrinth, bevor wir um 13:45 das Obersulzbachkees verlassen. Hier geht es dann nochmals im Fels ein paar Meter bergauf und schließlich erreichen wir kurz nach 15 Uhr die Kürsingerhütte, wo wir gemeinsam mit 150 anderen Bergsteigern den Abend und die Nacht verbringen – im Vergleich zu gestern ein völlig konträres Erlebnis, doch die Hütte ist wirklich perfekt organisiert.





Lois hat neben dem Video der ganzen Wanderung auch noch ein Gletscher Special vom Gipfeltag erstellt.
Am nächsten Morgen starten wir nach einem guten Frühstück (dass auf der Kürsingerhütte jederzeit eingenommen werden kann, das hatte ich bisher noch auf keiner einzigen anderen Hütte) um 07:22 unseren Abstieg. Zuerst noch gemütlich, dann etwas steiler geht es Richtung Tal, bis wir quasi am Abgrund stehen und seilversichert durch die Wand absteigen. Nach gut 45 min sind wir am Talboden angekommen und wandern den Gletscherbach entlang (Gletscherlehrpfad) bis wir nach 1:15 h und 3,3 km an der Talstation der Materialseilbahn ankommen. Hierher haben wir uns das Hüttentaxi bestellt, welches uns um 10 EUR p. P. den schönen, aber langen Weg zum Parkplatz Hopffeldboden bringt, wo uns unsere Frauen abholen und unsere 4-Tages Wanderung endgültig zu Ende geht.








Statistik
- Wegstrecke: 12,2 km; Abstieg 3,3 km
- Zeit: 9:27 (aktiv 4:59); Abstieg 1:16 (aktiv 1:13)
- Höhenmeter: 969 auf/1200 ab; Abstieg 0 auf/629 ab
- Nächtigung: Kürsinger Hütte