Tag 28: Neue Prager Hütte – Großvenediger – Kürsingerhütte

Heute erreichen wir den höchsten Punkts des Zentralalpenwegs – die Venedigerscharte auf 3.407m, die gleichzeitige Besteigung der weltalten Majestät ist da natürlich vorprogrammiert.

Nachdem der Schneefall gestern Abend bald wieder aufgehört und es aufgeklart hat, haben wir uns von der Hütte aus den Gletscher angeschaut und festgestellt – Spalten sind ausreichend vorhanden, da wird uns heute nicht fad. Wir beschließen daher auch einen frühen Start, um den Nachtfrost zu nutzen.

So starten wir nach einem kleinen Frühstück und dem Zusammenräumen der Hütte um 05:38 unseren Gipfeltag und dieser beginnt mühsam. Der Schnee ist gestern nicht gänzlich geschmolzen und so erwartet uns als Morgensport ein Tanz über teilweise vereistes Blockwerk. Zuerst rund 50 hm hinunter, dann später hinauf auf ca. 3000 m Seehöhe, wo wir nach knapp 1,5 h den Anseilplatz am Schlatenkees erreichen.

Wir machen eine kurze Pause, legen die Gletscherausrüstung an und betreten eine halbe Stunde später um 7:40 den Gletscher. Entlang von Längsspalten geht es den ersten Aufschwung empor, dann etwas flacher immer in Richtung des Hohen Aderls. Es liegen hier rund 10 cm Neuschnee, welcher den Gletscher im Licht der aufgehenden Sonne erstrahlen lässt, aber auch mögliche Wegspuren gut versteckt. Wir sind heute auch die Einzigen, die den Großvenediger von dieser Seite aus erklimmen.

Im nächsten Spaltenfeld meinen wir eine Spur zu finden und folgen dieser auch, doch rasch werden die Spalten breiter und wir müssen umkehren. Schnell finden wir einen Weg heraus und können diese Zone rasch durchsteigen. Weiter geht es hinauf, hier scheinen auch weniger Spalten zu sein. Doch kurz nach 9 auf knapp 3.300 m Seehöhe bricht Sepp als unser Seilführer in eine nicht sichtbare Spalte ein – doch noch bevor das Seil spannt, fängt sein Rucksack den Sturz auf und Sepp kann alleine wieder rausklettern.

Wir steigen höher und der Blick weitet sich. Der Gipfelaufbau wird sichtbar, ebenso die Venedigerscharte (zumindest die Richtung) und auch einige (später viele) Seilschaften, die am Weg von der Kürsingerhütte hinauf auf den Gipfel sind. Wir drehen nun in Richtung Scharte, zuerst gilt es aber abermals bis auf eine Höhe von 3350 m ein größeres Spaltenfeld zu überwinden, was aber nur ein paar kurze Umwege bedarf. Nun geht es geradeaus weiter, wir spüren neben der Höhe auch die letzten Tage in den Beinen und kommen nur recht langsam voran.

Das Wetter hat sich eingetrübt, doch umso näher wir dem Gipfelaufbau kommen, desto besser wird es – ein gutes Zeichen. Um 10 Uhr, also nach rund vier Stunden Wegzeit erreichen wir die „Autobahn“, also den schon stark ausgetretenen Weg von der Kürsingerhütte herauf.

Wir machen eine letzte Pause und es geht – wieder steiler – hinauf. Zwei größere Spalten sind zu queren und bald erreichen wir die letzte Hürde, den Grat zum Gipfel. Dieser ist gut ausgetreten und einfach geht es am kurzen Seil hinüber. Um 11 Uhr erreichen wir dann nach 5,5 Stunden Aufstiegszeit den Gipfel der Weltalten Majestät – Österreichs 5.höchsten Berg und der höchste Berg Salzburgs.

Im Ausblick erkennen wir, dass wir privilegiert sind – denn die Hohen Tauern hüllen sich allesamt in Wolken, nur hier ist ein Sonnenfenster. Nach ausgiebiger Pause auf dem angenehm großen Gipfelplateau starten wir um 11:30 mit dem Abstieg.

Der Schnee ist schon deutlich weicher, doch im Abstieg stört das nicht so sehr und wir kommen gut voran. Doch bald ist Pause – vor einer Leiter über eine große Spalte unter der Scharte müssen wir ein paar Seilschaften abwarten, bis wir ebenfalls übersetzen können. Danach geht es den Gletscher hinunter, einige größere Spalten mit recht spannenden Eisbrücken sind dabei zu queren – ob die noch lange halten?

Ganz am Ende durchqueren wir am ausgeaperten Gletscher noch ein Spaltenlabyrinth, bevor wir um 13:45 das Obersulzbachkees verlassen. Hier geht es dann nochmals im Fels ein paar Meter bergauf und schließlich erreichen wir kurz nach 15 Uhr die Kürsingerhütte, wo wir gemeinsam mit 150 anderen Bergsteigern den Abend und die Nacht verbringen – im Vergleich zu gestern ein völlig konträres Erlebnis, doch die Hütte ist wirklich perfekt organisiert.

Lois hat neben dem Video der ganzen Wanderung auch noch ein Gletscher Special vom Gipfeltag erstellt.

Am nächsten Morgen starten wir nach einem guten Frühstück (dass auf der Kürsingerhütte jederzeit eingenommen werden kann, das hatte ich bisher noch auf keiner einzigen anderen Hütte) um 07:22 unseren Abstieg. Zuerst noch gemütlich, dann etwas steiler geht es Richtung Tal, bis wir quasi am Abgrund stehen und seilversichert durch die Wand absteigen. Nach gut 45 min sind wir am Talboden angekommen und wandern den Gletscherbach entlang (Gletscherlehrpfad) bis wir nach 1:15 h und 3,3 km an der Talstation der Materialseilbahn ankommen. Hierher haben wir uns das Hüttentaxi bestellt, welches uns um 10 EUR p. P. den schönen, aber langen Weg zum Parkplatz Hopffeldboden bringt, wo uns unsere Frauen abholen und unsere 4-Tages Wanderung endgültig zu Ende geht.

Morgenpanorama von der Kürsingerhütte aus
Im Obersulzbachtal angekommen

Link zum Track.

Statistik

  • Wegstrecke: 12,2 km; Abstieg 3,3 km
  • Zeit: 9:27 (aktiv 4:59); Abstieg 1:16 (aktiv 1:13)
  • Höhenmeter: 969 auf/1200 ab; Abstieg 0 auf/629 ab
  • Nächtigung: Kürsinger Hütte

Tag 27: St. Pöltner Hütte – Neue Prager Hütte

Am Ende der Hohen Tauern wartet der Großvenediger. Und wie es sich für die weltalte Majestät gehört, nähert man sich langsam und andächtig – über den St. Pöltner Westweg, auch Venediger Höhenweg genannt.

Im Zuge unserer 9 summit Tour gilt es u.a. noch den Großvenediger zu besteigen. Als Mitglieder der AV Sektion St. Pölten wollen wir diesen über die St. Pöltner Hütte und den St. Pöltner Westweg besteigen – perfekt für mich, kann ich dadurch gleich 2 Etappen am Zentralalpenweg abhaken.

So starten wir eigentlich schon am Donnerstag, den 11.08., nach gutem Frühstück (wie immer bei Lois) von zuhause weg und erreichen kurz vor 14:00 Uhr den Parkplatz am Hintersee im Felbertal (Kostenpflichtig, max. Ticket für 3 Tage erwerbbar). Von dort führt der Aufstieg zur St. Pöltner Hütte ein paar Minuten entlang des Sees, dann vorbei an einer gemütlichen Jausenstation (bei der wir natürlich gleich einkehren) und dann nach knapp 2 km Wegstrecke links hinauf, wo es zuerst steil die Wiesenhänge, dann aber bald Drahtseilgesichert durch die steilen Wandabbrüche geht, bis man nach rund 2,5 h Gehzeit auf einem Hochplateau ankommt.

Ab da geht es zuerst gemütlich dahin, am idyllischen Plattachsee vorbei und gegen Ende wieder etwas steiler zur St. Pöltner Hütte, die man ab Erreichen des Plateaus sehen kann. Gestört wird die Idylle nur von den Hochspannungsmasten über den Felbertauern (die mich im Gegensatz zu denen am Windsfeld diesmal wirklich stören). Kurz vor 18:00 erreichen wir dann die Hütte, die überraschenderweise ziemlich leer ist.

Plattachsee
Auf der St. Pöltner Hütte – es hängt noch die Deko von der 100Jahr Feier von voriger Woche

Der Grund dafür ist wohl auch der, dass die Neue Prager Hütte am 8.8. wegen Wassermangel die Saison vorzeitig beendet hat. Wir haben allerdings beschlossen, es trotzdem zu riskieren und spekulieren mit einem noch vorhandenen Notbetrieb, ansonsten wird es der Winterraum. Der Abend auf der Hütte ist gemütlich und der Hüttenwirt warnt uns noch vor den Gletscherspalten am Berg bzw. dass wir nicht vergessen sollen, vor der Hütte unsere Wasservorräte aufzufüllen – Bäche gibt es dazu genug.

Und so starten wir nach angenehmer Nacht und gutem Frühstück am 12.08. um 07:48 unseren Wandertag – für mich sind das auch die allerersten Zentralalpenwegmeter in Osttirol (die gibt es zwar schon vorher, aber diese Etappen hab ich ja noch nicht). Zuerst geht es kurz bergab und nach ein paar Hundert Meter erreichen wir eine Weggabelung, wo man weiter nach Süden Richtung Matrei (Außergschlöss) absteigen könnte, wir biegen aber nach rechts in den St. Pöltner Westweg ein, auch Venediger Höhenweg genannt.

Es beginnt nun eine wirklich wunderschöne Höhenwanderung hinein in den Talschluss des Gschlösstals, mit den üblichen Auf und Abs, nur einmal unterbrochen von einem kurzen, seilgesicherten Anstieg. Generell an dieser Stelle ein großes Lob an das Wegeteam – sowohl beim gestrigen Aufstieg als auch heute: TOP Wege, bestens markiert und gesichert und man sieht die viele Arbeit, die hier investiert wurde – DANKE dafür!

Nach einem nun doch schon langem Marsch von fast 10km und knapp 5h Gehzeit (inkl. Pausen) beginnen wir um 13:40 den einzig nicht schönen Teil heute – den mühsamen Abstieg über steiles Blockwerk hinunter in den Talboden, wir sind inzwischen schon fast beim Talschluss ergo dem Gletscherende angelangt.

Rechts der Talschluss des Gschlösstals – den Hang voraus werden wir noch queren.

300 hm Abstieg und 40min später ist es geschafft und wir wandern kurz entlang des Gletscherbachs talauswärts, bevor es über eine Brücke auf die andere Seite geht. Das Wetter hat inzwischen wie angekündigt umgeschlagen, Wolken ziehen auf und stellenweise regnet es schon. Wir rasten daher auch nur kurz und steigen nun den steilen Gegenhang (teilweise versichert) wieder auf, bis wir nun sanfter ansteigend den steilen Hang Richtung Alte Prager Hütte queren. Als wir diese gegen 14:40 erreichen, wird der Regen, der uns inzwischen auch eingeholt hat, stärker und wir stellen uns in der zum Museum umgebauten Hütte unter (also für 4 Personen geht es sich im Vorraum gerade noch aus).

Der Regen dauert aber nur kurz und so gehen wir weiter – das Ziel ist inzwischen oben am Berg zu sehen, 300 hm fehlen noch. Ungefähr 10 min nach der Hütte queren wir noch einen Bach, an dem wir unsere Wasservorräte für morgen füllen. Das Wetter wird immer schlechter und wir wechseln auf Regenausrüstung. Das ist gut, denn kaum gehen wir um 15:05 los beginnt es neuerlich zu regnen und dieser wird auch immer stärker. 250hm fehlen noch bis zur Hütte und da wissen wir ja auch nicht genau, was uns erwartet. Doch zuerst müssen wir mal rauf und es beginnt zu Graupeln. Das kenn ich schon, das sind die untrügerischen Vorboten eines Gewitters. So holen wir nach langem Wandertag unsere letzten Reserven raus, inzwischen höre ich es auch donnern – weiter weg zwar, aber man weiß ja nie, was kommt.

Um 15:39 ist es soweit und wir erreichen die Hütte. Diese ist noch nicht Winterfest, aber es brennt kein Licht und sie wirkt verlassen – was sie auch ist. Ich betrete als erstes den Winterraum und stelle fest, wir sind alleine, der Winterraum ist sehr schön und es gibt Brennholz. Also alles gut. Wir machen somit als erstes Feuer, inzwischen ist auch schon die 2. Gruppe da und Thomas packt sich nochmal zusammen und geht unserer Nachzüglergruppe entgegen, um ihnen zu helfen. Bald treffen diese ein und wir feiern meinen Geburtstag als ein ganz besonderes Hüttenerlebnis – Lois hat sogar eine Flasche Wein von der St. Pöltner Hütte herübergetragen.

Wasser finde ich am nächsten Tag in einer Zisterne oberhalb der Hütte, wir wissen aber nicht, ob es Trinkwasser ist. Wir haben aber die Graupel genutzt und diese einfach geschmolzen. Später hat es dann zu schneien begonnen und somit wissen wir nun – Graupel schmecken deutlich besser als Schnee ;).

Danke wieder an Lois für das Video (inkl. Großvenediger und Abstieg).

Link zur Tour auf Bergfex (inkl. Track).

Statistik

  • Wegstrecke: 15,0 km; Aufstieg 6,8 km
  • Zeit: 7:51 (aktiv 5:26); Aufstieg 3:56 (aktiv 2:30)
  • Höhenmeter: 948 auf/634 ab; Aufstieg 1163 auf/4 ab
  • Nächtigung: Neue Prager Hütte bzw. St. Pöltner Hütte am Vortag